Lieber G.

Ein Wiedersehen voller stiller Vertrautheit:

Wir haben uns in meinem Büro im Kloster Schlehdorf getroffen. Nicht du und ich, sondern deine Tochter R. und ich. Zwei Mal waren sie und ich uns schon begegnet – auf anderen Trauerfeiern und Lebensfeiern – und so war es ein Wiedersehen, das von einer stillen Vertrautheit geprägt war. Ein Moment der Wiedererkennung, als wir uns im warmen Licht meines Büros umarmten – und gleichzeitig der Beginn eines neuen Abschieds. Doch an diesem Tag im Kloster gab es so viele Gefühle, die keinen richtigen Ort hatten. Worte, die festhingen, Sprachlosigkeit wie eine unsichtbare Wand. Wie sollte es auch anders sein? Es brauchte einen sicheren Ort – für R., um all diese Emotionen irgendwo ablegen zu können, und für dich, um verstanden zu werden.

Der Eisberg – Mut zur treffenden Metapher

Du, G. Du warst schwer zu durchschauen. Deine Nähe zeigte sich selten, und vielleicht war es einfacher für dich, stark und unnahbar zu bleiben – wie ein Eisberg, dessen wahre Größe tief unter der Oberfläche liegt. Huch, ein Eisberg. Kann ich das wirklich sagen? Würde es dir gerecht werden, würden die Menschen verstehen, was ich meine? Ich hatte Zweifel, aber am Ende wusste ich: Es passt. Es war zu stimmig, um es nicht zu tun. Und so habe ich mich getraut.

Die Natur als Spiegel deiner Seele

In deiner Trauerrede durfte das Bild des Eisbergs in seiner ganzen Schönheit leuchten. Ein Eisberg, der im Einklang mit der Natur lebt, verbunden mit dem Meer um ihn herum – so wie du immer verbunden mit der Natur warst. Deine Spaziergänge durch die Wälder, das Sammeln von Schwammerln, das Pflücken von Blaubeeren oder die liebevolle Pflege deines Gartens – das alles waren Momente, in denen du zur Ruhe gefunden hast, in denen du Kraft geschöpft hast. R. hat so schön erzählt, dass dein Garten dein Gesundheitsbarometer war. Ging es dir gut, erstrahlte der Rasen in sattem Grün, so schön, dass die Leute stehen blieben, um ihn zu bewundern. Ging es dir nicht gut, konnte man es an deinem Garten sehen. Dein Garten war ein Teil von dir, er hat dich widergespiegelt.

Ein Abschied inmitten der geliebten Natur

Und so saßen wir an deinem Tag der Trauerfeier im Pavillon der Waldruh. Der Regen prasselte, die bunten Blätter wirbelten um uns herum, und wir hatten den Blick auf den Weiher – auf die Natur, die du so geliebt hast. Deine Menschen waren gekommen: Deine Töchter, deine Enkelin, Familie, Verwandte, Freunde, Nachbarn. Sie waren da, um dich zu ehren, dich ein letztes Mal zu begleiten. Und während der Regen die Blätter wusch und der Wind uns umspielte, haben wir deine Geschichte erzählt. Vom starken Eisberg, der so oft still und unnahbar wirkte und doch voller Leben war. Der Fels, der Menschen Raum gab, der nicht allein auf weiter See war, sondern an der Oberfläche immer in Verbindung mit anderen.

Die kleinen Risse im Eis – Momente der Nähe

Deine Schlagfertigkeit, dein Interesse an anderen Menschen – all das machte dich gesellig, machte dich zu jemandem, den man gern um sich hatte. Und auch wenn deine Tiefe oft verborgen blieb, hat deine Familie sich immer wieder in deine Richtung gewagt und dir Liebe und Fürsorge gebracht. Diese ausgewählten Menschen durften in so manchem Moment die Tiefe deines Seins erahnen, durch die kleinen Risse im Eis blicken, durch die immer wieder Wärme durchschimmerte.

Dank an alle, die diesen Abschied so besonders gemacht haben

Ich möchte mich auch bei denen bedanken, die diese Trauerfeier so schön gemacht haben: dem liebevollen und wertschätzenden Team der Waldruh Dietramszell – was für ein wunderschöner Ort für naturnahe Trauer- und Lebensfeiern. Bestattung Klein, die mit so viel Herzblut und Bedacht alles vorbereitet haben. Danke an alle, die da waren und ihren Beitrag geleistet haben. Es war eine Lebensfeier, wie sie für dich passend war, G.: still, tief, verbunden mit der Natur und voller Wertschätzung.

Ein bleibendes Bild – Die Spuren, die du hinterlässt

Am Ende bleibt uns ein Bild: ein Eisberg, der langsam schmilzt, dessen Wasser die Strömungen verändert, das Meer bewegt. So ist es auch, wenn ein Mensch wie du geht. Deine Abwesenheit bewegt die Strömungen unserer Herzen, verändert uns, und die Spuren, die du hinterlässt, bleiben lebendig. Lieber G., wir durften dich sehen – die ganze Schönheit deines Seins. Danke, dass wir dich begleiten durften.

Love,

kathi.

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Mit Love & Loss kreiere ich Freie Zeremonien, die emotional fesseln und euch im Wesenskern erfassen & begleite euch durch herausfordernde Lebensumbrüche.

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